Die Freiheit des Willens... --- ... Ich will frei sein!
Ich habe gestern (sprich Sonntag) etwas gelesen, was mich sehr zum Nachdenken angeregt hat. Man kennt das ja, man ließt einen Text, und wird auf einmal ganz still, weil da gerade etwas steht, von einer Qualität und Tiefe, mit der man an dieser Stelle nicht gerechnet hat. Vielleicht ist das auch nur ein Phänomen "für den ersten Blick", der zweite ist dann sicher nicht mehr so berauschend, aber, um mal irgendjemanden zu zitieren, den Ulli gerne zitiert: "Wir sind immernoch Jetzt-Wesen"... Ich schiebe jetzt dieser tiefenphilosophischen Anwandlung mal eben den Riegel vor *schieb*...
Ich habe gestern (sprich Sonntag) etwas gelesen, was mich sehr zum Nachdenken angeregt hat. Man kennt das ja, man ließt einen Text, und wird auf einmal ganz still, weil da gerade etwas steht, von einer Qualität und Tiefe, mit der man an dieser Stelle nicht gerechnet hat. Vielleicht ist das auch nur ein Phänomen "für den ersten Blick", der zweite ist dann sicher nicht mehr so berauschend, aber, um mal irgendjemanden zu zitieren, den Ulli gerne zitiert: "Wir sind immernoch Jetzt-Wesen"... Ich schiebe jetzt dieser tiefenphilosophischen Anwandlung mal eben den Riegel vor *schieb*...
Ich habe den Fluter gelesen, eine Zeitschrift, die ich einfach absolut klasse finde, und die jede Ausgabe unter ein anderes Motto stellt. Das Heft, welches ich da in Händen hielt, wäre für Herrn Thürnau wirklich ein gefundenes Fressen gewesen (oder für jeden Schüler, der Wert darauf legt, bei ihm zu punkten). Titel: Das Freiheits-Heft. Ich bin förmlich drin versunken...
*Blubberblasentraumsequenz*
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"Zur Kontrolle des Willens kommen zwei weitere wichtige Punkte, die einen Willen erst zu einem freien Willen werden lassen: Er muss von demjenigen, der ihn hat, gutgeheißen werden und der Mensch muss seinen Willen verstehen. Das Gegenteil wäre der Wille eines Süchtigen, der weiter raucht, obwohl er weiß, dass ihm rauchen schadet; oder der neurotische Wille, immer die gleiche Art von Partner zu wählen, obwohl sich in der Vergangenheit herausgestellt hat, dass es jedesmal zu einer schwierigen Trennung kommt."
Naja, ihr wisst ja, ich rauche nicht... Das ist ein Ausschnitt aus einem Text, der die Argumentation von Peter Bieri, einem Berliner Philosophie-Professor, unter der Überschrift "Der Wille ist frei" verteidigt. Der Mann sägt da gerade meine Vergangenheit an. Mal ganz abgesehen davon, dass ich mich bisher noch nicht als neurotisch bezeichnet habe, muss ich jetzt erfahren, dass mein Wille zum jeweiligen Zeitpunkt garnicht frei war. Aber eigentlich auch garnicht so schlecht, war's eben nicht meine Schuld. Bei der Stelle habe ich einfach gestutzt, obwohl man darauf nicht viel Wert legen darf, weil mit dieser Begründung auch gleich wieder die Schuldfrage im Strafvollzug neu aufgerollte werden müsste, und wer will das schon. Unser Rechtssystem klappt ganz gut so, wie es ist, and so do my relationships. Aber er hat recht, in dieser Hinsicht verstehe ich meinen Willen wirklich nicht...
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"Je fähiger jemand ist, auf sich selber zu achten, desto größer wird die Chance sein, einen freien Willen zu entwickeln."
So gesehen bin ich doch schon relativ frei, bei dem was ich will. Ich gebe zu, ich habe die Argumentationsstruktur immernoch nicht ganz durchschaut, aber für mich klingt der Tenor wie "Je besser du über die Dinge bescheid weißt, je mehr du weißt und kennst, desto differenzierter können deine Beurteilungen und Überlegungen ausfallen, und desto freier ist dein Wille". Also, frei ist für Bieri die Entscheidung, die man auf Basis der Gehirnströme (Erinnerung, Erfahrung, ihr kennt das ja) getroffen hat. Nicht ganz plausibel, aber egal. Ich finde ja, ich kann ganz gut über mich reflektieren. Fragt mal Ulli, die darf das Gedankenschlachtfeld, diesen Mischmasch aus "Was hab ich heute gemacht" und "Welche Rolle habe ich dabei gespielt" meistens nach noch Überlebendem absuchen. Man, bin ich frei *breeze*...
*Neue Blubberblasentraumsequenz*
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"Die Wahl der Altersvorsorge, der Jeans, des Computers - das sind materielle Entscheidungen. Was ist mit den emotionalen Entscheidungen?
Das Prinzip ist das gleiche. Wenn ein Maximierer eine Beziehung hat, fragt er sich nicht, ob es eine gute Beziehung ist - was meiner Ansicht nach eine vernünftige Frage ist, obwohl sie einen auch in ziemliche Schwierigkeiten bringen kann. Er geht also aus, zum Abendessen, und schaut die ganze Zeit, ob am Nebentisch nicht jemand sitzt, der noch attraktiver ist oder ein schöneres Lächeln hat oder temperamentvoller ist. Er ist die ganze Zeit auf der Suche nach jemandem, der möglicher Weise besser ist. Ich kann mir nichts vorstellen, das auf eine Beziehung zerstörerischer wirkt als das."
Neuer Text. Ein Interview mit Barry Schwartz, Professor für Psychologie in Philadelphia, Thema: "Die Qual der Wahl".
Heutzutage gehen wir an den vielen Möglichkeiten, die wir geboten bekomme, schier zu Grunde; das die Quintessenz des Ganzen. Ist ja auch keine ganz neue Debatte, auf Jetzt.de gab's zu dem Thema sogar schonmal einen Schreibwettbewerb. Maximierer sind die, wir haben es erkannt, die immer nach dem Besten suchen, egal wie gut das Bisherige ist. Da sind wir ja auch schon wieder bei 2.0 und 1.0! Den Maximierern gegenüber stehen für Schwartz die Genügsamen. Die wissen, woran sie sind, und kümmern sich nicht darum, ob die eigene Freundin diese Fetten Joghurt-Gums auch so lockerleicht zwischen ihre Zehen kriegt wie die Klum, solange sie den genügsamen Standards entspricht.
Was ich daraus ableite? Männer sind keine Schweine, sie sind Maximierer! --- Nein, bloß nicht auf mich hören. Aber es stimmt schon, wenn man drüber nachdenkt, vergleicht man einfach immer. Ich bin einfach nicht genügsam. Wir brauchen ein Mittelding, sagen wir, genügsam aus Mangel an Alternativen. Man kann sich das Neuste einfach nicht immer leisten. Und außerdem: wer in einen Menschen verliebt ist, der steht auch nicht mit Joghurt-Gums sondern mit Blumen vor der Tür.
Heutzutage gehen wir an den vielen Möglichkeiten, die wir geboten bekomme, schier zu Grunde; das die Quintessenz des Ganzen. Ist ja auch keine ganz neue Debatte, auf Jetzt.de gab's zu dem Thema sogar schonmal einen Schreibwettbewerb. Maximierer sind die, wir haben es erkannt, die immer nach dem Besten suchen, egal wie gut das Bisherige ist. Da sind wir ja auch schon wieder bei 2.0 und 1.0! Den Maximierern gegenüber stehen für Schwartz die Genügsamen. Die wissen, woran sie sind, und kümmern sich nicht darum, ob die eigene Freundin diese Fetten Joghurt-Gums auch so lockerleicht zwischen ihre Zehen kriegt wie die Klum, solange sie den genügsamen Standards entspricht.
Was ich daraus ableite? Männer sind keine Schweine, sie sind Maximierer! --- Nein, bloß nicht auf mich hören. Aber es stimmt schon, wenn man drüber nachdenkt, vergleicht man einfach immer. Ich bin einfach nicht genügsam. Wir brauchen ein Mittelding, sagen wir, genügsam aus Mangel an Alternativen. Man kann sich das Neuste einfach nicht immer leisten. Und außerdem: wer in einen Menschen verliebt ist, der steht auch nicht mit Joghurt-Gums sondern mit Blumen vor der Tür.
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"... Wir haben ihnen all diese Freiheit, all diese Möglichkeiten gegeben - und es macht sie einfach fertig. Und wir reden hier von den privilegiertesten Menschen der Welt. Das kann Menschen zerstören.
Was genau meinen Sie mit 'zerstören'?
Selbst gute Entscheidungen machen unzufrieden. Sie treffen eine Entscheidung, es ist eine gute Entscheidung und Sie fühlen sich schlecht.Was heißt, dass sie sich mit jeder Entscheidung schlecht fühlen. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen klinischen Depressionen und dem Umstand, ein Maximierer zu sein."
Na, wer erkennt sich darin wieder? Ich persönlich finde, dass dies eine nette Umschreibung für übertrieben Ehrgeiz ist, wie ich ihn selbst die letzten sechs Jahre jeden Tag erleben durfte. Dabei bezweifle ich nicht, dass es weiter gehen wird. Maximierer bin ich in Hinsicht auf meine Leistung, mein Image, meine Arbeit. Ist ja irgendwie eine Schulkrankheit, und Universität und später das Berufsleben bieten exzellenten Nährboden für solcherlei Hirngespinste. Aber ich denke, der Schritt hin zur klinischen Depression ist ein sehr gewaltiger, da muss man schon den Titel "Maximus sin fronteras" oder "Max über Leichen" innehaben. Dieser Ehrgeiz ist aber auch oft sehr beflügelnd und hält einen über Wasser, wohingegen viele Leute, wären sie genügsam gewesen, nicht da wären, wo sie es jetzt sind. (Ein Begriff schießt mir gerade durch den Kopf: Plattitüden.)
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"Weniger Auswahl als Geschäftsmodell?
Absolut.
...
Wie könnte also ein Grundsatz für die Politik lauten?
Die Politiker müssen sich klar machen was passiert, wenn die Menschen keine Entscheidungen treffen. Und sicherstellen, dass das, was passiert, wenn die Menschen nicht wählen, im Interesse der meisten Menschen ist."
Das wäre der Stein der Weisen: Eine Haushaltsplanung, die für den Fall, dass niemand Lust hat, sich zu entscheiden, immer das Optimum bereit hält. Dann wäre jede Entscheidung theoretisch eine zum Schlechteren, also könnte man auch ganz bequem die Füße hoch legen. Erinnert mich an Adam Smith: Der Markt wird sich schon selbst regulieren. Ich habe seine Theorien immer gemocht.
Ohne das Ganze kritisch hinterfragen zu wollen, endet hier der Reigen. Ich gebe zu, die letzten Zitate waren nur noch interessant, nicht mehr 'stunning', aber ich gebe auch zu bedenken! Entdeckt habe ich das alles, kurz nachdem ich mich dazu entschieden hatte, nach Hause zu fahren, mit dem Zug. Keine winwinwin-optimale Entscheidung, aber dennoch eine gute.
Ohne das Ganze kritisch hinterfragen zu wollen, endet hier der Reigen. Ich gebe zu, die letzten Zitate waren nur noch interessant, nicht mehr 'stunning', aber ich gebe auch zu bedenken! Entdeckt habe ich das alles, kurz nachdem ich mich dazu entschieden hatte, nach Hause zu fahren, mit dem Zug. Keine winwinwin-optimale Entscheidung, aber dennoch eine gute.
4 Kommentare:
Der letzte Absatz dieses grandiosen Posts erinnert mich an ein Lied der Prinzen, "Unsicherheit macht sich breit" - keine Ahnung, ob du das kennst. Behandelt die Tatsache, dass sich die Menschen vor Alternativen nicht entscheiden und damit wesentlich zur schlechten Konjunktur und Stimmung im Allgemeinen beitragen.
Weiterhin bin ich mir nicht ganz sicher, ob man angesichts unserer komplexen chemisch-physikalischen Struktur (der menschliche Körper als naturwissenschaftliches Objekt) überhaupt von einem freien Willen ausgehen können. Ich bin eher der Meinung, dass sämtliche Entscheidungen (oder auch Nichtentscheidungen) unsererseits nur ein Produkt deterministischer Abläufe sind. Dessen bewusst, plädiere ich dennoch dafür, sich den freien Willen einzubilden - denn die Willensbildung an sich ist ja Teil des beschriebenen Determinismus.
Da stimme ich dir zu, ich bin da auch eher Wissenschaftler, der seinen eigenen Theorien nicht glauben will (Man erinnere sich nur an Libet, und wie der seine Experimente zurechtgebogen hat^^). Haste dir mal den ganzen Original-Text durchgelesen? Der Philosoph bestreitet ja die chemisch-biologische Basis nicht. Das ist ja das spannende an der Philosophie, in diesen Determinismus durch geschicktes Worteverdrehen ein bisschen Selbstbestimmung einzuflechten...
P.S.: Danke für den ersten Kommentar auf meiner Seite^^.
Das Lied findet man hier
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